Aus aktuellem Anlass: Poesie in Zeiten des Krieges

Über den Wolken 

Der Himmel spannt sich um die Welt
wie eine Riesenhülle,
und was sie da zusammenhält,
ist ihre Lebensfülle. 

 

Die Erde strahlt im hellen Blau,
das in den Kosmos funkelt,
das übergeht ins schwarze Grau,
sobald es draußen dunkelt. 

 

Wer aus dem Flugzeug sieht, erblickt
unendlich weite Räume,
ist fasziniert und tief beglückt,
beseelt, als wenn er träume. 

 

So friedlich scheint die Welt zu sein
bei einem Blick von oben,
doch trügerisch ist dieser Schein,
wenn unten Kriege toben. 

Elbebrücke bei Dömitz 

Der Zahn der Zeit nagt überall,
und alles geht in Stücke.
Der Rost signalisiert Verfall,
zersetzt auch diese Brücke. 

 

Fast einen Kilometer lang
war sie beim Bau gewesen,
war Zeichen für den Fortschrittsdrang,
in Büchern nachzulesen. 

 

Hier fuhren Züge ehedem
auf stählern-blanken Gleisen
und ließen Menschen sehr bequem
von hier nach dorthin reisen. 

 

Vom Krieg zerstört, so steht sie da,
als Mahnmal anzusehen,
es möge das, was einst geschah,
niemals erneut geschehen. 

"Die 12 Monate"  mit zwei Textbeispielen

Textbeispiel 1:
Der Januar 

Der Monat, der das neue Jahr
 eröffnet, ist der Januar.
 Sein erster Tag markiert mithin
 in jedem Jahr den Neubeginn. 

 

Ein neues Jahr weckt neues Hoffen,
 fürs Pläneschmieden ist man offen,
 auch setzt man sich sehr gerne viele
 erstrebenswerte neue Ziele. 

 

Das neue Jahr weckt irgendwie
 auch Schwung, Elan, gibt Energie,
 beflügelt, und so hat man schon,
 so frisch erblüht, viel Kondition. 

 

Für Optimismus ist nun Raum,
 für diesen, jenen Lebenstraum.
 Und Ideale anzustreben,
 ist so verheißungsvoll im Leben. 

 

Nun nimmt man locker jede Schwelle,
 schwimmt wie auf einer starken Welle,
 ist tief beseelt und tief beglückt,
 vom eignen Willen schier entzückt. 

 

Der Start ins neue Jahr verspricht
 die Hoffnung auf die Zuversicht.
 Das alte Jahr mit altem Bangen
 ist nun vorbei und ist vergangen. 

 

Jetzt geht es weiter, geht’s voran,
 der Aufbruch folgt, man glaubt daran
 und hofft: Das neue Jahr wird gut,
 gelingt mit neuem Lebensmut! 

Textbeispiel 2:
Der April 

Nun folgt als Monat der April.
 Der macht bekanntlich, was er will.
 Mal kann es regnen, hageln, schnei‘n,
 mal gibt es puren Sonnenschein. 

 

Das Wetter wechselt unverhohlen,
 schlägt täglich wahre Kapriolen.
 Doch langsam profitiert das Land
 vom immer höheren Sonnenstand. 

 

Im Boden regt sich neues Leben,
 so auch in Teichen, Bächen, Gräben,
 und förmlich aus den Beeten schießen
 Narzissen, Tulpen: Wie sie sprießen! 

 

Die Bäume werden langsam grün,
 die Kirschen fangen an zu blühn,
 und ganz gemäß dem Jahreslauf
 keimt nun die Saat und sie geht auf. 

 

In den April fällt oft ein Fest,
 das Herzen höher schlagen lässt:
 Denn Ostern fällt in diese Zeit,
 gefeiert von der Christenheit. 

 

So ist der Monat, um zu starten
 in der Natur, im eignen Garten.
 Man will aktiv sein, drängt hinaus,
 verlässt nun liebend gern das Haus. 

 

Der Frühling steht im vollen Saft,
 verleiht den Pflanzen neue Kraft,
 und jeder Mensch ist sowieso
 in dieser Zeit sehr zukunftsfroh. 

Der Bürokrat

Ein Mensch, der sich an Regeln hält,
dem jeder Ordnungssinn gefällt,
die Vorschrift achtet, respektiert,
an ihrer Geltung interessiert,
sie anerkennt als ein Primat,
der ist so ganz ein Bürokrat.
Er handelt nicht aus freien Stücken,
ist hilflos bei Gesetzeslücken.
Denn rigoros und ohne Scheu
ist er extrem gesetzestreu.
Er hält sich dran, was man ihm sagt,
auch ohne dass er’s hinterfragt,
wirkt, ganz egal auch, wie und wo,
als ein Erfüllungshilfe so,
der zuverlässig und ergeben
den Dienst erfüllt in seinem Leben.
Die Vorschrift steht auf alle Fälle
in seinem Tun an erster Stelle,
verleiht ihm damit jederzeit
im Zweifelsfall die Sicherheit,
und deshalb weiß er sehr konkret,
was in den Paragrafen steht.
Die kennt er in- und auch auswendig,
die liest er intensiv und ständig
und wird so früher oder später
zum sogenannten Schreibtischtäter.
Buchhalterisch, gewissenhaft
setzt er sich ein mit ganzer Kraft,
akribisch Listen zu verwalten,
die Regelwerke einzuhalten –
er liebt sein Tun und sieht darin
für sich den wahren Lebenssinn.

Illustration: Viktoria Wagner

Der Philosoph

Der Philosoph stets reflektiert
den Menschen, der ihn fasziniert.
Er will sein Wesen tief ergründen
und über ihn die Wahrheit finden:
Was ist im Menschen angelegt?
Was ist die Kraft, die ihn bewegt?
Wie selbstbestimmt ist gar sein Geist?
Wie frei verwirklicht er sich meist?
Ist die Moral ihm mitgegeben
als Leitschnur für sein ganzes Leben?
Was braucht er, dass er gut gedeiht?
Wie nimmt er wahr die Wirklichkeit?
Was kann er wissen oder wollen?
Wie findet er zu seinen Rollen?
So stellt für alle Lebenslagen
der Philosoph zentrale Fragen,
löst sie für sich und kurz darauf
klärt er die Menschen damit auf.
Von Weisheit ist er so erfüllt,
die er der Menschheit gern enthüllt.
Und somit ist er nicht nur Denker,
vielmehr ein lebenskluger Lenker,
ein guter Geist, der ungetrübt
den Menschen tiefe Einsicht gibt:
zeitüberdauernd, allgemein
fürs menschlich ewige Sosein!
Ein Philosoph von dem Format
erteilt somit Lebensrat
und trägt für jeden, einerlei,
zu dessen Selbsterkenntnis bei.

Illustration: Viktoria Wagner

Beispieltexte aus Sagen der griechischen Mythologie

Die Odyssee

Es lebte einst auf Ithaka
Odysseus. Denn sein Hof lag da.
Und dieser war von reicher Pracht,
mit großer Üppigkeit bedacht.

Odysseus war schon von Natur
mit seiner stattlichen Figur
ein edler Mann, der führen konnte,
der sich in seinem Glücke sonnte
und sich beizeiten ohne Scham
Penelope zur Gattin nahm.
Sie schworen sich auf ewig Treue,
auf dass die Götter dies erfreue,
und liebten sich. Man glaubt es schon,
denn wenig später kam ihr Sohn,
der Telemach, ein liebes Kind,
so schön, wie auch die Eltern sind.

Doch währte ihr Familienglück
nur kurze Zeit. Denn das Geschick
erbrachte einen großen Krieg,
ein Hau’n und Stechen um den Sieg,
um Troja wurde hart gerungen,
am Ende wurde es bezwungen
mit Tücke und mit großer List,
was man bis heute nicht vergisst.
Odysseus kämpfte jahrelang.
doch brachte ihm das keinen Dank.
Er wurde nach dem Krieg vertrieben,
war weit entfernt von seinen Lieben
und war gefangen bei der Nymphe -
Kalypso hatte alle Trümpfe
und hielt sie fest in ihrer Hand,
ließ ihn nicht fort aus ihrem Land.
Sie war total auf ihn versessen:
Er sollte Frau und Sohn vergessen!

2. 
Penelope konnt’ unterdessen
Odysseus keineswegs vergessen.
Er war so edel, herzensgut,
athletisch stark und voller Mut.
Ihm galt ihr Sinn auf Ithaka,
nur ihre Mägde war’n ihr nah.
Sie reagierte deshalb prüde
und wehrte rigoros und rüde
die vielen Freier ab, die kamen.

So gab es echte Männerdramen,
denn viele, die sie da begehrten,
sie priesen und sie so verehrten,
die suchten das gemachte Bett,
dazu den ganzen Hof komplett.
Penelope war immerhin
für jeden Freier ein Gewinn:
begütert, reich und attraktiv!
So mühten sie sich intensiv.
Doch sie blieb ihrem Gatten treu
und wartete und wünschte scheu,
dass ihr Odysseus irgendwann
als Held und angetrauter Mann
zurückkehrt, heim nach Ithaka...

Illustration: Markis


 

Sisyphus

Sisyphus ist in der Welt
gut bekannt als Anti-Held.
Denn man sieht ihn, wie er redlich,
letztlich aber doch vergeblich
einen großen Stein bergan
rollen muss, wie er's nur kann.
Doch am Ende scheitert er,
denn der Stein ist ihm zu schwer.
Er entgleitet seinen Händen,
und so kann er nicht beenden,
was für Sisyphus nur zählt,
weil er stets das Ziel verfehlt!
Und so schiebt er unverdrossen
diesen Stein. So war's beschlossen
von dem Gott der Unterwelt,
der dies Schicksalsurteil fällt
und verkündet, denn es klagen
viele Götter sozusagen,
die der Sisyphus mit Mut
schamlos reizte bis aufs Blut.
Strafe folgt so auf dem Fuße,
Sisyphus tut somit Buße
für sein dreist verweg’nes Leben,
für sein listig freches Streben,
für sein Auf-der-Nase-Tanzen
auf den göttlichen Instanzen.
Übermut kommt vor dem Fall,
gilt noch heute überall.
Darum lohnt es, hinzusehen
auf all das, was einst geschehen,
was der Sisyphus gemacht,
wie er sich ins Fäustchen lacht,
wie er seine Lebensfrist
maßlos dehnt mit Hinterlist
und er gar die ganze Welt
geradezu zum Narren hält.
Wahrlich, wahrlich, seine Possen
hat er unglaublich genossen,
bringen ihm jedoch zum Schluss
diesen bitteren Verdruss,
nur das eine noch zu wollen,
stets den Stein bergauf zu rollen -
ein Prozess, der niemals endet
und sich nicht zum Guten wendet:
Leiden muss im Totenreiche
Sisyphus für seine Streiche!

Sisyphus war einst ein Spross
von dem König Aiolos,
war behütet und beschützt,
tat all das, was einem nützt,
bildete sich kurzerhand
und vor allem den Verstand.
Denn er wusste: List und Tücke
tragen bei zu seinem Glücke!
Scharfsinn sei zudem nicht schlecht,
helfe auch beim Wortgefecht,
überrumpelt Widersacher,
macht sie kreuzlahm beim Geschachert...

Illustration: Viktoria Wagner



Wiederkehr

Reisen ist heut ungefährlich,
überhaupt nicht mehr beschwerlich;
Reisen reizt, die Ferne lockt,
denn wer in der Stube hockt;
stets auf Stand-by-Modus lebt,
auf der eignen Scholle klebt,
fährt im Leben leider nur
auf verengter, schmaler Spur.
Deshalb freun sich breite Massen,
Menschen aller Bildungsklassen
auf das Reisen. Und schon sind
Alte, Junge, wie der Wind
fort in Nah- und Fernbereiche,
ganz egal, ob Arme, Reiche:
Reisen ist Vergnügen, Lust,
bestes Mittel gegen Frust.
Offen sein und sich erfreuen
an bizarr-okkultem Neuen,
Zeichen der Geschichte sehen,
längst Vergangenes verstehen
oder die Natur erkunden,
diese Welt im Flug umrunden,
Leben sehn in fremden Ländern,
in den Zentren, an den Rändern,
Leben spüren, wie’s pulsiert,
sich vital neu generiert,
sich behauptet Jahr für Jahr
oder wandelt sonderbar –
Reisen öffnet sehr gekonnt
einen weiten Horizont,
überwindet enge Sichten,
kann den Menschen neu belichten!
Doch am Ende freut sich meist
jeder Mensch, der weit gereist
und in fremden Ländern war,
aufs Zuhause offenbar.
Denn zur Heimat ungelogen
fühlt sich jeder hingezogen.
Alles ist ihm hier vertraut,
ganz egal, wohin er schaut!

Illustration: Markis

Das Ohr

Das Ohr hat eine eigne Form
und dafür gibt es keine Norm:
Mal ist es lappig vorgestreckt,
mal winzig klein und wie versteckt,
mal gut geformt und elegant,
mal plüschig, Segelohr genannt,
und äußerlich kokett verziert,
durch Ohrring, Piercing stilisiert –
wie es auch aussieht, einerlei,
der Mensch hat jedenfalls gleich zwei,
eins links, eins rechts, als Ohrenpaar
und das ist wirklich wunderbar.
Das macht es möglich, dass er dann
exakt und räumlich hören kann,
Geräusche gut lokalisiert
und dann den Kopf danach justiert.
Das Ohr ist innen kompliziert,
hochgradig wirksam konstruiert,
mit Hammer, Amboss, steig-gebügelt
ist jedes Ohr sehr ausgeklügelt:
Es ist gigantisch, kolossal –
mit einem Wort: phänomenal.
Das Ohr erfasst vor allen Dingen,
wenn Menschen sprechen oder singen.
Da hört er alles unzensiert
und was ihn fesselt, fasziniert
und gerne auch mal an der Wand,
man hört da schließlich allerhand,
verschafft sich damit sozusagen
ein Bild von allen Lebenslagen.
Drum sind die Ohren auch bekannt
als Lauscher, sind als Informant
zentral für die Gerüchteküche,
Empfänger für abnorme Flüche
und hören noch im fernen Sachsen,
ja, spitz die Ohren, Gräser wachsen!

Illustration: Markis

Beispiele aus "Menschliche Gefühle"

Glück

Das Glück ist, wie das Paradies auf Erden,
ein Zustand, den man sich ersehnt,
in dem die schönsten Träume Wahrheit werden,
man gleichsam sich im Himmel wähnt.

Wie lacht das Herz und jubiliert im Innern,
wie strahlt vor Freude das Gesicht!
Wer wirklich Glück hat, zählt zu den Gewinnern
und steht im Glanz vom Sonnenlicht.
 

Doch lässt sich Glück in keinem Fall erzwingen:
Der Zufall führt bei ihm Regie.
Denn unerklärlich bleibt vor allen Dingen,
warum es kommt: Das weiß man nie!

Da helfen Horoskop nicht, Karten legen,
auch Seher nicht und kein Prophet.
Das Schicksal folgt geheimnisvollen Wegen,
die keine Macht, kein Mensch errät.

Wer Glück hat, fühlt sich gut in seinem Leben,
wird optimistisch und gewinnt
an Zuversicht. Und deshalb hofft er eben,
dass dieses Glück ihm nie zerrinnt.

Illustration: Viktoria Wagner

Liebe

Die Liebe ist beglückend und beständig
erfüllt sie dich mit ihrer Glut.
Dein Herz frohlockt, pulsiert in dir unbändig
und spendet and’ren Lebensmut.

Die Liebe treibt dich an zu guten Werken,
sie ist fürsorglich-konstruktiv,
will helfen, stützen, zärtlich sein und stärken
und wurzelt in der Seele tief.

Die Liebe ist das Fundament fürs Leben,
denn ohne Liebe geht es nicht,
sie gleicht der Sonne: Sie will Wärme geben – 
vertreibt die Dunkelheit durch Licht.

Wo Liebe herrscht, da enden Streit und Kriege,
und Hass und Zwietracht gehen ein.
Sie überwältigt alle, feiert Siege
und will nur eins: Beglücker sein.

Vor allem fördert Liebe das Vertrauen,
sie lässt Beziehungen erblüh’n,
und jede Zweisamkeit will darauf bauen:
Sie lässt zwei Herzen voll erglüh’n.

Illustration: Viktoria Wagner